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Petershagen tritt Riga-Komitee bei

Initiative ging von Schülerinnen und Schülern aus

 

Petershagen. Der Volksbund freut sich, dass nach der Initiierung des Riga-Komitees vor 25 Jahren inzwischen über 80 Mitgliedsstädte deutschlandweit an dem Bündnis beteiligt sind. Nach den 13 deutschen Großstädten, die das Komitee im Jahr 2000 gegründet haben, ist das Thema immer weiter in der Fläche angekommen. Mit Petershagen ist jetzt eine gut 25.000 Einwohner zählende Stadt und die erste Kommune aus dem Kreis Minden-Lübbecke dem Städtebündnis beigetreten. Lesen Sie dazu den folgenden Beitrag auf der Homepage von Petershagen.

„Im Rahmen einer Feierstunde hat Bürgermeister Dirk Breves gemeinsam mit der Regierungspräsidentin und Bezirksvorsitzenden des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Anna Katharina Bölling, die Urkunde zum Beitritt zum Städtebündnis Deutsches Riga-Komitee unterzeichnet.

Zu den weiteren Ehrengästen des Abends gehörten u.a. Lena Wiele, die Bildungsreferentin des Volksbundes in Ostwestfalen-Lippe, Harald Scheurenberg, der Sohn des einzigen überlebenden nach Riga deportierten Ehepaares aus Petershagen Kurt und Margot Scheurenberg, geb. Jakob, sowie die Schülerinnen und Schüler des Differenzierungskurses Geschichte des Städtischen Gymnasiums Petershagen.

Bürgermeister Dirk Breves eröffnete die Veranstaltung und erinnerte in seiner Rede an den 27. Januar, den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Dieser Tag dürfe nicht nur ein Tag im Kalender sein. ‘Die Erinnerungskultur muss aktiv gelebt werden - emotional, kritisch und reflektiert.’

Sein besonderer Dank ging an die Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums. Sie befassten sich im Rahmen ihres Geschichtsunterrichtes mit dem Thema ‘Deportationen’ und regten an, dass die Stadt Petershagen dem Deutschen Riga-Komitee beitritt. Hierfür ebnete der Rat der Stadt Petershagen mit seinem Beschluss vom 19.12.2024 bereits den Weg.

Anna Katharina Bölling betonte in ihrer Ansprache den Beitritt als einen lebendigen Beitrag und ein wichtiges Zeichen für die Demokratie. Sie freute sich, die Stadt Petershagen nun als 81. Komitee-Mitglied begrüßen zu können.“

Hinweise: Weitere Fotos zur Veranstaltung finden Sie unter dem folgenden Link.

Fotos und Text: Stadt Petershagen
 

Ein Land voller Massengräber und kaum jemand, der noch einen Kaddisch sagen kann: Auf den Spuren der Shoah in Lettland

Im September 2024 unternahmen Mitarbeitende der Gedenkstätten sowie Mitglieder des Gedenkstättenvereins und MultiplikatorInnen aus dem Osnabrücker Raum und Berlin vom 26. August bis 1. September 2024 eine Reise nach Litauen und Lettland zu Orten der Shoah im Baltikum. Die Reise erfolgte im Rahmen der Ausstellung "Der Tod ist ständig unter uns. Die Deportationen nach Riga und der Holocaust im deutsch besetzten Lettland", die vom 7. April bis 1. September 2024 in der Gedenkstätte Augustaschacht zu sehen war. Die Autorin war eingeladen worden, an dieser Reise teilzunehmen. Sie stellt uns ihren Bericht für diese Veröffentlichung kostenfrei zur Verfügung.

Am 13. Dezember 1941 wurden 35 Osnabrückerinnen und Osnabrücker gezwungen, in einen Zug zu steigen, der sie in mehrtägiger Fahrt nach Riga in Lettland brachte. Sie selber kannten das Ziel nicht. Ihren Besitz mussten sie zurücklassen. Fünfzig Kilo an Gepäck waren alles, was sie mitnehmen durften, und auch wurde ihnen bei der Ankunft weggenommen, als sie mit Eisenstangen aus dem Zug in die eisige Kälte von minus 30 bis 40 Grad geprügelt wurden. Kleine Kinder und alle, die den weiten Weg in das Ghetto nicht schafften, wurden gleich ermordet. „Keiner von uns hat geglaubt, dass so viel Sadismus möglich war“ – dieser Satz stammt von Ewald Aul, einem der fünf Osnabrücker Überlebenden dieser Deportation, später langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Nachkriegsgemeinde in Osnabrück.

Diese Reise war nicht leicht, manche Eindrücke nur schwer zu verkraften Es war eine Reise auf den Spuren von Massenmorden, die auch emotional belastete, und dennoch eine Reise mit vielen wertvollen Begegnungen mit Menschen, die sich dafür engagieren, die Menschen, die diesen Morden zum Opfer fielen, der Vergessenheit zu entreißen, wo das noch möglich ist, und ihnen dadurch ihre Würde zurückzugeben. Unter diesen Ermordeten, für die niemand das Kaddisch, das jüdische Totengebet, sprach, sind 30 Osnabrückerinnen und Osnabrücker. Drei davon, die Geschwister Edith, Carl und Ruth-Hanna Stern, waren noch kleine Kinder.

Am 31. Juli 1941 wurde der Leiter des Reichssicherheitshauptamts, Reinhard Heydrich, von Reichswirtschaftsminister Hermann Göring mit der Vorbereitung der Endlösung der Judenfrage beauftragt, der systematischen Ermordung aller europäischen Juden. Im Oktober 1941 ordnete Hitler die Deportation der jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus dem Reichsgebiet an. Sie wurden in Transporten von je 1.000 Personen in die Ghettos Lodz in Polen, und Minsk in Belarus, Kaunas und Vilnius in Litauen und das lettische Riga gebracht.

In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion wurde der Holocaust über Jahrzehnte verdrängt und tabuisiert. Neue Verbrechen durch das stalinistische Regime überlagerten die Erinnerung an die deutsche Besatzung und die Verfolgung von jüdischen Menschen und anderen Bevölkerungsgruppen. Für die Sowjetunion gab es keine jüdischen Opfer und damit auch keinen Holocaust. Die Ermordeten waren alle Sowjetbürgerinnen und -bürger. Es ging um Heldengedenken, alle Toten galten gleichermaßen als „Opfer des Faschismus“. Die Erinnerung an die massive Beteiligung der einheimischen Bevölkerung an den Morden wird den Litauern und Letten auch heute kaum zugemutet.