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Empfang im Schloss Bellevue: Volksbund-Präsident Karl-Wilhelm Lange mit dem großen Bundesverdienstkreuz am 21. November 2002. (© Christian Bach)
Wertvoller Einsatz für den Frieden
Ehemaliger Volksbund-Präsident Karl-Wilhelm Lange verstorben
Am 5. April 2022 ist der ehemalige Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Karl-Wilhelm Lange, im Alter von 88 Jahren verstorben. Er führte den Volksbund von Oktober 1998 bis November 2002.
Zahlreiche hohe Ämter bekleidete Karl-Wilhelm Lange zeit seines Lebens: Er war Ehrenbürger der Stadt Hann. Münden, Bürgermeister a.D., Stadtdirekter a.D., Regierungspräsident a.D. und eben ehemaliger Präsident des Volksbundes. Ausgezeichnet wurde er unter anderem mit dem Großen Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik, dem Großen Verdienstorden des Landes Niedersachsens und dem Kommandeurkreuz der Republik Polens.
Bedeutende Projekte in Osteuropa
Nachdem sich Karl-Wilhelm Lange bereits langjährig auf Orts-, Bezirks- und Landesebene für den Volksbund engagiert hatte, übernahm er 1998 das Amt es Präsidenten. Während seiner Tätigkeit für den Volksbund setzte er sich aktiv für die Friedensarbeit und die Versöhnung über den Gräbern ein.
In seine Amtszeit fielen mehrere bedeutende Projekte vor allem in Osteuropa. Dazu zählen insbesondere der Bau und die Einweihung vieler deutscher Kriegsgräberstätten. Hier ist beispielhaft der deutsche Soldatenfriedhof in Rossoschka bei Wolgograd (ehemals Stalingrad) zu nennen, der 1999 trotz der Auswirkungen der Kosovo-Krise – dank Karl-Wilhelm Langes diplomatischem Geschick – eingeweiht wurde.
Herausragend war auch die Fertigstellung der deutschen Kriegsgräberstätte in Sologubowka bei St. Petersburg. Dort war es dem Volksbund-Präsidenten eine Herzensangelegenheit, auch die im Zweiten Weltkrieg zerstörte russisch-orthodoxe Kirche wieder aufzubauen und der russischen Bevölkerung zu übergeben. Im Untergeschoss der Kirche befindet sich heute ein Gedenkraum für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, in dem auch an die vielen deutschen Gefallenen erinnert wird.
Gründung Deutsches Riga Komitee
Untrennbar mit Karl-Wilhlem Lange ist auch die Gründung des Deutschen Riga Komitees verbunden – einem Städtebündnis, das an die Deportation von über 25.000 Jüdinnen und Juden aus Deutschland, Österreich und Tschechien in das Rigaer Ghetto und deren Ermordung in den Jahren 1941 und 1942 erinnert. Das Komitee unterstützte auch maßgeblich die Errichtung einer Gräber- und Gedenkstätte in Riga im Wald von Bikernieki , wo über 25.000 Jüdinnen und Juden während der deutschen Besatzung ermordet worden waren. Die Einweihung der Gräber- und Gedenkstätte erfolgte unter der Leitung von Karl-Wilhelm Lange im November 2001. Das Projekt fand auch international viel Anerkennung.
Der Volksbund ist Karl-Wilhelm Lange zu großem Dank verpflichtet und wird ihm ein ehrendes Gedenken wahren.
Die Trauerfeier findet am 25. April 2022 um 13 Uhr in der St. Blasiuskirche in Hann. Münden statt. Die Urnenbeisetzung erfolgt im engsten Familienkreis.
Ein Land voller Massengräber und kaum jemand, der noch einen Kaddisch sagen kann: Auf den Spuren der Shoah in Lettland

Im September 2024 unternahmen Mitarbeitende der Gedenkstätten sowie Mitglieder des Gedenkstättenvereins und MultiplikatorInnen aus dem Osnabrücker Raum und Berlin vom 26. August bis 1. September 2024 eine Reise nach Litauen und Lettland zu Orten der Shoah im Baltikum. Die Reise erfolgte im Rahmen der Ausstellung "Der Tod ist ständig unter uns. Die Deportationen nach Riga und der Holocaust im deutsch besetzten Lettland", die vom 7. April bis 1. September 2024 in der Gedenkstätte Augustaschacht zu sehen war. Die Autorin war eingeladen worden, an dieser Reise teilzunehmen. Sie stellt uns ihren Bericht für diese Veröffentlichung kostenfrei zur Verfügung.
Am 13. Dezember 1941 wurden 35 Osnabrückerinnen und Osnabrücker gezwungen, in einen Zug zu steigen, der sie in mehrtägiger Fahrt nach Riga in Lettland brachte. Sie selber kannten das Ziel nicht. Ihren Besitz mussten sie zurücklassen. Fünfzig Kilo an Gepäck waren alles, was sie mitnehmen durften, und auch wurde ihnen bei der Ankunft weggenommen, als sie mit Eisenstangen aus dem Zug in die eisige Kälte von minus 30 bis 40 Grad geprügelt wurden. Kleine Kinder und alle, die den weiten Weg in das Ghetto nicht schafften, wurden gleich ermordet. „Keiner von uns hat geglaubt, dass so viel Sadismus möglich war“ – dieser Satz stammt von Ewald Aul, einem der fünf Osnabrücker Überlebenden dieser Deportation, später langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Nachkriegsgemeinde in Osnabrück.
Diese Reise war nicht leicht, manche Eindrücke nur schwer zu verkraften Es war eine Reise auf den Spuren von Massenmorden, die auch emotional belastete, und dennoch eine Reise mit vielen wertvollen Begegnungen mit Menschen, die sich dafür engagieren, die Menschen, die diesen Morden zum Opfer fielen, der Vergessenheit zu entreißen, wo das noch möglich ist, und ihnen dadurch ihre Würde zurückzugeben. Unter diesen Ermordeten, für die niemand das Kaddisch, das jüdische Totengebet, sprach, sind 30 Osnabrückerinnen und Osnabrücker. Drei davon, die Geschwister Edith, Carl und Ruth-Hanna Stern, waren noch kleine Kinder.
Am 31. Juli 1941 wurde der Leiter des Reichssicherheitshauptamts, Reinhard Heydrich, von Reichswirtschaftsminister Hermann Göring mit der Vorbereitung der Endlösung der Judenfrage beauftragt, der systematischen Ermordung aller europäischen Juden. Im Oktober 1941 ordnete Hitler die Deportation der jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus dem Reichsgebiet an. Sie wurden in Transporten von je 1.000 Personen in die Ghettos Lodz in Polen, und Minsk in Belarus, Kaunas und Vilnius in Litauen und das lettische Riga gebracht.
In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion wurde der Holocaust über Jahrzehnte verdrängt und tabuisiert. Neue Verbrechen durch das stalinistische Regime überlagerten die Erinnerung an die deutsche Besatzung und die Verfolgung von jüdischen Menschen und anderen Bevölkerungsgruppen. Für die Sowjetunion gab es keine jüdischen Opfer und damit auch keinen Holocaust. Die Ermordeten waren alle Sowjetbürgerinnen und -bürger. Es ging um Heldengedenken, alle Toten galten gleichermaßen als „Opfer des Faschismus“. Die Erinnerung an die massive Beteiligung der einheimischen Bevölkerung an den Morden wird den Litauern und Letten auch heute kaum zugemutet.